Youtube-Netzwerke im Goldrausch

Längst ist Youtube mehr als eine Plattform für Hobbyfilmer. Unternehmen vermarkten die Kanäle der erfolgreichsten Youtube-Künstler. Das Unternehmen Mediakraft aus Köln verdient damit gutes Geld.

Zärtlich haucht Andre Schiebler einem jungen Mädchen einen Kuss zu. Anschließend zeigt er auf 15 weitere Arten, wie er Frauen küssen kann. Vom Grabscher-Kuss über den unsicheren Kuss bis zum In-Your-Face-Kuss, der damit endet, dass er der Frau eine mit dem Gartenstuhl überbrät. Das Video 15 Arten zu Küssen haben sich auf Youtube über 1,5 Millionen Menschen angesehen.

Mehrmals in der Woche laden Andre Schiebler, Jan Meyer und Cengiz Dogrul unter dem Namen ApeCrime solche Sketche und Songparodien auf Youtube hoch. Mehr als eine halbe Million Menschen hat ihren Kanal abonniert – das bedeutet: Wenn sie Youtube ansteuern, kriegen sie ApeCrime automatisch zu sehen. Inzwischen ist das Trio berühmt und wird von kreischenden Teenies auf der Straße erkannt. Mittags trauen sich Schiebler und Co. schon gar nicht mehr in die U-Bahn.

„Ich bin Youtuber“, sagt der 23-jährige Dogrul, „das ist für mich ein ganz normaler Beruf“. Dass er, Schiebler und Meyer von ihren Filmen leben können, haben sie Mediakraft zu verdanken. Die drei Youtuber von ApeCrime sind eigens aus Niedersachsen nach Köln gezogen, weil das Unternehmen hier sein Sendezentrum mit Aufnahmestudios unterhält. Es nimmt Youtube-Künstler wie sie unter Vertrag und vermarktet ihre Produktionen – ähnlich wie eine Plattenfirma in der Musikindustrie.

Zwar sind die Werbeerlöse, die via Youtube erzielt werden, gemessen an den Werbeerlösen im Fernsehen ein Klacks. Im Jahr 2011 etwa wurden im Online-Video-Werbemarkt 156 Millionen Euro umgesetzt, im TV-Markt waren es rund vier Milliarden Euro. Doch das Verhältnis ändert sich rasant. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC prognostiziert in einer Studie, dass Werbung auf Videoplattformen im Jahr 2017 allein in Deutschland eine halbe Milliarde Euro einspielen. Damit wachsen Youtube und Co. schneller als alle anderen Werbemärkte.

Deutschlands größter Online-TV Sender
Wie sich dieses Wachstum in Geld und Arbeitsplätzen niederschlägt, kann man bei Mediakraft besichtigen. Das Unternehmen sitzt in Köln in der Nähe des Barbarossaplatzes. Der Flurboden ist mit grell-grünem Plastikrasen überzogen. Bunte Bilder und schrille Figuren hängen an den Wänden. Junge Männer, die im Unternehmen Video-Jedis genannt werden, sitzen vor Macbooks und verknüpfen die Kanäle miteinander.

Das Geschäftsmodell von Mediakraft ist simpel: Je mehr Klicks, umso mehr Werbeeinnahmen. Eineinalb Jahre nach dem Start hat Mediakraft mehr als 800 Kanäle, verzeichnet 230 Millionen Videoabrufe im Monat und seine Mitglieder stellen im Schnitt 130 Videos am Tag ins Netz. Damit ist es nach eigenen Angaben Deutschlands größter Online-TV-Sender. Geschäftsführer ist Christoph Krachten. Der 50-Jährige ist selbst Youtuber und als er Mediakraft vor eineinhalb Jahren gegründet hat, fing er mit zwei Partnern an – jetzt beschäftigt er über 120 Mitarbeiter an vier Standorten in Deutschland.

Von dem Erfolg sollen auch Künstler wie Schiebler, Meyer und Dogrul von ApeCrime profitieren. „Unser Ziel ist es, kreative Youtuber zu vermarkten, damit sie bekannter werden und von den Werbeeinnahmen leben können“, sagt Krachten. Die bestbezahlten Stars von Mediakraft dürfte die Gruppe Y-Titty sein – ihr Kanal zählt mehr als zwei Millionen Abonnenten und ist damit der meist abonnierte Youtube-Kanal Deutschlands.

Wie auf Youtube eine riesige Werbeindustrie entsteht, lesen Sie auf Seite 2.

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