„Meine Kollegen sagten: Das braucht doch kein Mensch!“

Die SMS hat ja auch die Sprache der Jugend stark beeinflusst. Viele Abkürzungen sind entstanden, oder auch das Wort „simsen“!
Ja, ich wundere mich da immer wieder. Ich persönlich formuliere eher aus, auch in einer SMS. Das ist wohl eine Generationsfrage. Letztens habe ich meinem Neffen einen längeren Brief geschrieben – er meinte dann, das sei der erste richtige Brief gewesen, den er bekommen habe. In meiner Generation war es eben noch gang und gäbe, sich für schriftlichen Kontakt Zeit zu nehmen.

Was halten sie von dem Vorwurf, die SMS habe die Sprache verdorben?
Das ist Quatsch. Es ist ja auch eine Kunst, sich in der Sprache auf das Wesentliche zu konzentrieren, kompakt zu schreiben. Bedenklich finde ich es höchstens, wenn heute schon per SMS eine Beziehung beendet wird. Davon hört man ja immer wieder…

Mobile Telekommunikation: Anzahl weltweit verschickter SMS

Mobile Telekommunikation: Anzahl weltweit verschickter SMS | Quelle: Statista

Sich auf das Wesentliche beschränken – so funktioniert ja auch das soziale Netzwerk Twitter. Hier sind sogar nur 140 Zeichen pro Nachricht erlaubt.
Ja, und das liegt auch an der SMS! Twitter war es wichtig, dass man die Nachrichten auch per SMS versenden kann. Von den verfügbaren 160 Zeichen haben die Erfinder noch mal 20 abgezogen, die sie für Steuerbefehle reservieren wollten.

Die SMS hat die Kommunikation revolutioniert. Haben Sie sich Ihre Erfindung damals eigentlich patentieren lassen?
Nein. Die Telekom war ja ein öffentlicher Betrieb. Unsere Aufgabe war es, die deutsche Bevölkerung mit Kommunikationsmitteln zu versorgen. Geldverdienen stand da nicht so im Vordergrund. Die SMS konnte also von Anfang an jeder nutzen. Es konnte einfach keiner ahnen, was das für eine Entwicklung nehmen würde. Wir haben uns überlegt, dass vielleicht mal eine Million Menschen die SMS nutzen könnten. Heute sind es drei bis vier Milliarden! Mit Freunden scherze ich manchmal: Wenn ich 0,1 Cent pro verschickte SMS bekommen würde, wäre ich wohl der reichste Mensch der Welt. (lacht)

In letzter Zeit bekommt die SMS kostenlose Konkurrenz: Die Smartphone-App „WhatsApp“. Wird die SMS das überleben?
Emails haben der SMS nicht das Wasser abgegraben und WhatsApp wird es auch nicht tun – denn das Programm setzt ja ein Smartphone und einen Internetzugang voraus, das hat nicht jeder. Möglicherweise wird die SMS in Zukunft weniger in der Kommunikation zwischen Menschen, sondern häufiger zwischen Maschinen eingesetzt. Ich denke deswegen, dass es die SMS noch viele Jahre geben wird. Im letzten Jahr hat sie ihren 25. Geburtstag gefeiert. Ich bin schon stolz, bei dieser Entwicklung von Anfang an dabei gewesen zu sein.

Friedhelm Hillebrand war bis 1992 bei der Bundespost in Bonn tätig. Er war Projektleiter für die Entwicklung der nächsten Generation von Mobilfunknetzen, aus seiner Abteilung ging das heutige T-Mobile hervor. Später war er unter anderem Vorsitzender des Technischen Ausschusses im Europäischen Institut für Telekommunikations-Standards. Auch im Ruhestand bleibt er der SMS und dem Mobilfunk verbunden: Er schreibt Fachbücher und berät unter anderem Netzbetreiber zu Patentfragen.

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