Das Fußballsuperhirn

Doch das SportsLab soll dem Verein nicht nur in der Transferpolitik helfen. Die Analysten werten auch die Spiele sämtlicher FC-Mannschaften aus, von den Profis bis zur Jugend, und schneiden Videos der Schlüsselszenen zusammen. Auf dieselbe Weise werden auch die gegnerischen Teams durchleuchtet.

BU. Foto: Wittenbrink

Kölner Nachwuchstalente beim Training: Der FC nutzt digitale Technik beim Scouting. Foto: Holzki

Die erstellten Clips und Grafiken kommen anschließend in den Mannschaftsbesprechungen zum Einsatz und sind aus der Trainings- und Spielvorbereitung nicht mehr wegzudenken. Die Spieler der ersten Mannschaft bekommen sogar vor jedem Match individuelle Clips auf ihr Smartphone geschickt, um sie auf den nächsten Gegner einzustimmen. Torwart Timo Horn beispielsweise kann sich ansehen, wohin der etatmäßige Elfmeterschütze des Gegners am liebsten zielt.

Scouting, Gegner-Beobachtung und Spielvorbereitung sind beim FC durch die intensive Nutzung des SportsLab effizienter und schneller geworden. Dennoch hält Notzon die menschliche Arbeit auch künftig für unverzichtbar.

Mittlerweile existiert im Sportslab für jeden FC-Spieler eine eigene, digitale Kartei. Profis und Nachwuchskicker werden so zu gläsernen Sportlern: Laufleistungen der letzten Spiele, Schnellkraft, Sprungkraft, Ausdauerwerte sind jederzeit abrufbar. Dasselbe gilt für frühere Verletzungen, denn die Media-Park-Klinik, in der die verletzten FC-Spieler behandelt werden, ist mit der Datenbank verbunden. Die Ärzte haben direkten Zugriff auf die Krankenakte der Spieler. Hat sich ein Kicker beispielsweise einen Muskel gezerrt, kann der Arzt durch einen Klick auf den entsprechenden Bereich im 3D-Modell des menschlichen Körpers die Verletzung eintragen und Heilungsverläufe dokumentieren.

Die beeindruckende Datensammlung soll noch weiter wachsen, denn der Verein will die Stars von morgen möglichst heute schon entdecken.

Doch lohnt sich dieser Aufwand unterm Strich? Der FC ist nach seinem dreijährigen Intermezzo in der ersten Liga mittlerweile wieder im Unterhaus angekommen – auch weil der Verein bei Transfers nicht immer richtig lag, etwa bei Spielern wie Maniche, Manasseh Ishiaku oder Wilfried Sanou. Unklar ist allerdings, welche Flops das SportsLab zu verantworten hat. Denn die Scouts haben der Vereinsführung gegenüber lediglich ein Vorschlagsrecht.

Auf das Konto des SportsLab geht die Entdeckung von Pedro Geromel, der im Sommer 2008 beim FC sofort einschlug – und damit einer der ersten Transfers der digitalen Ära war. Richtig genutzt kann das Sportslab also ein hilfreiches Instrument sein. Es wäre dem FC zu wünschen, dass ihm das in Zukunft besser gelingt. Dann kommen auch bald wieder die Bayern – zum Spielen, nicht nur zum Gucken.

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