Ein Stellwerk auf dem Schreibtisch
Bauen unterm rollenden Rad
Deshalb will die Deutsche Bahn alle Stellwerke modernisieren. 1999 gab sie das Ziel aus, alle wichtigen Strecken in Deutschland von sieben Betriebszentralen aus zu steuern. Für die Züge in Nordrhein-Westfalen sollte das die Betriebszentrale Duisburg übernehmen. Davon ist die Bahn aber noch weit entfernt: Bislang steuern die Computer in Duisburg nur den Verkehr auf zwölf Prozent der nordrhein-westfälischen Strecken.
Ein Beispiel für die schleppende Modernisierung ist die Strecke von Köln nach Trier. Nur der Bereich Deutz ist bisher an die Betriebszentrale angeschlossen. Den Plan, einen Großteil der Strecke zumindest von örtlichen elektronischen Stellwerken aus zu steuern, konnte die Deutsche Bahn noch nicht umsetzen.

Bis in allen Stellwerken die Weichen per Mausklick gestellt werden, wird es wohl noch dauern. Foto: Haas
Immerhin: Ein elektronisches Stellwerk gibt es auf dem Weg von Köln nach Trier schon, und zwar in Gerolstein. Das funktioniert so wie das in Duisburg, ist allerdings für deutlich weniger Bereiche zuständig. So steuern die Fahrdienstleiter in Gerolstein nur die etwa 40 Kilometer entfernte Strecke von Nettersheim bis Schmidtheim und von Jünkerath bis Oberbettingen-Hillesheim. Auf der restlichen Strecke befinden sich noch 20 kleine Stellwerke. Die bedienen Fahrdienstleiter vor Ort: entweder wie in Derkum über Hebel und Kurbeln, oder – etwas fortschrittlicher – über Druckknöpfe.
„Es vergehen Jahre, bis ein Bereich modernisiert ist“, sagt Karl-Heinz Schorn. Schorn ist Betriebsleiter in Köln und weiß, wann die Bahn welche Strecken im Rheinland auf den neusten Stand bringt. „Das ist eine Kostenfrage. Wir sind ein Bundesbetrieb und geben Steuereinnahmen aus. Da bewegen wir uns in einem sehr eng gesteckten Rahmen“, sagt Schorn. Und: „Wir bauen unter rollendem Rad.“ Das heißt: Der tägliche Zugverkehr soll möglichst ungestört bleiben von Baumaßnahmen. Die Bahn muss nachts und am Wochenende bauen, um keine wichtigen Strecken zu behindern. All das kostet mehr Zeit und Geld als gedacht.
Mehr Digitalisierung, weniger Zentralisierung
Stefan Panske aus Duisburg rechnet deswegen damit, dass es wohl noch 25 Jahre dauern dürfte, bis Klicks und Computer alle Strecken in NRW steuern. „Über das alte Konzept mit den sieben Betriebszentralen wird aktiv nachgedacht“, sagt Panske diplomatisch. Übersetzt heißt das: Die Deutsche Bahn dürfte mehr elektronische Stellwerke brauchen als 1999 geplant. Allein für NRW dürfte eines wohl kaum reichen, vermutet Panske. „Digitalisierung: ja, zu viel Zentralisierung: nein“ lautet die neue Parole der Bahn.
Auf der Strecke Köln-Trier will die Bahn ab 2016 die Stellwerke Erftstadt, Weilerswist und Derkum in das elektronische Stellwerk in Euskirchen integrieren, das jetzt schon die Strecke Richtung Meckenheim reguliert. Fahrdienstleiter Frank Lorbach muss dann wohl weiter fahren bis zu seinem neuen Arbeitsplatz, und er wird nicht mehr hebeln und kurbeln, sondern mit der Maus klicken. Noch kann er sich das nicht vorstellen. „Ich warte 2016 ab“, sagt der Fahrdienstleiter. „Mal sehen, wo es mich dann hin verschlägt.“